Seit Robert Walsers Wiederentdeckung berührt es schmerzlich, dass mit seinem einzigartigen Werk zugleich das Wissen um seine fragmentarische Überlieferung verbunden bleibt. Mindestens drei seiner Romane sind verschollen, und auch bei den Prosastücken und Gedichten scheint Zahlreiches verloren.

Die Wirkung seines Werks wurde auch dadurch geschmälert, dass es in insgesamt sieben verschiedenen Verlagen erschien und so keine kontinuierliche Förderung erfuhr. Die überwiegende Mehrzahl seiner Texte trat zudem gar nicht in die Welt des literarischen Buches ein, sondern fristete ein kurzlebiges Dasein als Feuilleton in der Tagespresse. Diese Texte wurden erst in den 60er Jahren im Rahmen der von Jochen Greven edierten Gesamtausgabe gesammelt, wobei bis in die jüngste Zeit immer noch neue Funde hinzukommen.

Zu seinen Lebzeiten war Walser im Wesentlichen als Autor der drei Romane Geschwister Tanner, Der Gehülfe und Jakob von Gunten bekannt. Unter seinen Schriftstellerkollegen genoss er zudem hohes Ansehen für seine Prosastücke, die in den verschiedensten literarischen Zeitschriften und zum Teil auch gesammelt in Buchform erschienen, etwa in den Bänden Aufsätze (1913) oder Geschichten (1914). Nach der Rückkehr aus Berlin in die Schweiz und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs schränkte sich sein Wirkungsradius mehr und mehr ein, so dass seine Prosasammlungen und die große Erzählung Der Spaziergang nur noch ein sehr kleines Publikum erreichten.

Einen besonderen Aspekt seines Werks bilden die Entwurfsmanuskripte aus den 20er Jahren (›Mikrogramme‹). Es handelt sich hierbei um kalligrafisch gestaltete Blätter in Winzigschrift, die zunächst als unentzifferbar galt, sich bei genauerer Betrachtung aber als Miniaturvariante der deutschen Kurrentschrift erwies. Das erhalten gebliebene Konvolut von insgesamt 526 Blättern enthielt neben einer großen Anzahl bekannter Entwürfe nochmals rund 2000 Seiten unbekannten Text (Aus dem Bleistiftgebiet, 6 Bde., 1985–2000).